Warten auf den Tod

Heute fragte ich die Pflegerin, wann man je das Heim verlassen würde, nur wenn man stirbt?

„Nein!!! Es haben sich Bewohner wieder so erholt, dass sie wieder ausgezogen sind! Herr Z. zum Beispiel, ist wieder nach Hause zu seiner Frau gezogen, die ihn dann weiter pflegen konnte.“

„Na klasse!“ sagte ich „Ich war nie verheiratet. Ich habe kein Zuhause in das ich zurück ziehen könnte. Meine Familie sind meine Schwester und unsere Mitte-80-Jährigen Eltern. Sie haben genug mit sich selbst zu tun, sind selber krank. Meiner Schwester will ich nicht zur Last fallen. Sie ist beruflich selbstständig und hat sehr viel zu tun (Gott sei Dank!). Bleibt also nur das warten auf den Tod!“, ich hasste mich für die selbst bemitleidenden Worte. 😡

Die Pflegerin antwortete: „Es gibt ja auch Wohngruppen, selbst solche mit MS-Betroffenen. Ist halt nur die Frage wo.“

Ich hatte davon gehört: „In Düsseldorf… Oder in Duisburg… „

„Na bitte! Sie müssten dann aber bereit sein, umzuziehen“ , die Pflegerin ließ nicht locker.

„Hm… das würde ich tun, wenn es die Möglichkeit gäbe ..oO(alles nur nicht warten auf den Tod.. inmitten lauter Senioren; würde ich das wirklich tun?)

„Wie alt sind Sie?“, fragte sie und grinste.

„In einem Monat werde ich 54… na ja, sooo jung bin ich auch nicht mehr“, musste ich zugeben.

„Sie nähern sich im Alter immer mehr an“, sagte die Pflegerin und ich kann ihr da nicht widersprechen.

Ich war immer schon ein Mensch, der Angst vor Neuem hat. Gut gelebte Routine bietet Sicherheit. 😳

Danke für die Karte

Heute erreichte mich eine sehr schöne (selbstgemachte?) Karte. Frühlingsgrüße aus Hamburg! Vielen Dank, liebe Ute!
Sie erreichte mich genau zum richtigen Zeitpunkt.

Ich hatte nämlich Stress mit einer Nachbarin, die laute Musik bei geöffneter Tür hörte.

Als ich darum bat, entweder die Musik leiser zu machen oder aber ihre Zimmertür zu schließen, weigerte sie sich egal was zu tun. Unterstützung bekam sie von einem weiteren Nachbarn. Als ich nämlich die Tür dann schließen wollte, stemmte er sich mit ganzer Kraft dagegen.

„Die Tür bleibt offen!!!“, herrschte er mich an.

„Das hat die schon mal gemacht!“, klagte die Nachbarin ihr Leid.

„Dafür gibt es doch Türen! Damit man die anderen nicht stört!!!“, brüllte ich wütend.

Zwei gegen eine ist unfair! Also fuhr ich zum Pflegestützpunkt, um beim Wohnbereichsleiter mein Leid zu klagen. Doch von ihm fühlte ich mich überhaupt nicht ernst genommen.

Mittlerweile war ich so in Rage, dass ich alles in den falschen Hals bekam.

Dann platzte mir echt der Kragen!!!

Die Vorstellung noch Jahrzehnte hier bleiben zu müssen fand ich absolut gräßlich!!!

Ich war ein richtiges kleines Rumpelstilzchen und absolut nicht mehr in der Lage, reflektiert zu handeln.

Warum Funkstille gestern?

Gestern gab es bei mir eine kurze Funkstille. Ich kämpfte zu sehr mit meinen inneren kleinen Teufeln.

Es ist nicht immer gleich gut zu ertragen, dass ich so sehr auf die Hilfe anderer angewiesen bin.

Dazu kommt, dass nicht nur ich hier Hilfe benötige. Die anderen Bewohner brauchen auch mehr oder weniger Hilfe.

Im ungünstigsten Fall klingeln wir dann alle / viele gleichzeitig. Dann wünschen wir schnelle Hilfe. Tja. Das ist wohl ein frommer Wunsch. Denn es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Personal. *seufz * ☹️

Im Laufe der Jahre, die ich schon hier bin (seit August 2013), bin ich ruhiger geworden und weiß, dass ich manchmal ~15 Minuten warten muss, bis jemand kommt. Doch wenn ich fast ½ Stunde warten muss, dann brennt bei mir eine Sicherung durch. Dann werde ich richtig wütend! 😡 Leider falle ich dann auch aus der Rolle.😖

Rasant düse ich dann mit dem E-Rolli los; kreische, schreie, heule, freue mich dann an den verschreckten Gesichtern der anderen.👹….. wie armselig…. damit erreiche ich nämlich höchstens Ärger.

Nach dem Ausraster blieb ich erst mal auf dem Zimmer.

Erst tat ich mir Leid und vergoss ein Paar Krokodilstränen. Nicht gerade tapfer… eher armselig.

Dann wurde ich ruhiger. Ich beschloss zum Mittagessen nicht runter zu gehen. Hunger hatte ich eh keinen.

Da passte es sehr gut, dass ich nachmittags zum Waffelessen eingeladen war. Von E. im Seidencarré, dem Betreuten Wohnen nebenan.

(C) Katrin-musikhai

Es gab pro Person eine super-leckere Waffel, frisch gebacken, mit Vanille-Eis, Sahne und sauren Kirschen. Da war meine Welt wieder in Ordnung!

Anschließend spielten wir zwei sogar noch ein wenig Scrabble™. Das Seiden-Carré hatte nämlich ein neues Spiel gekauft: Scrabble™ mit Großbuchstaben! Damit konnte E. wieder etwas sehen! Juhu!!! Wir hatten beide unser Scrabble™spielen sehr vermisst!

Meine Tischfamilie macht mir Kummer

Meine derzeitige Tischfamilie besteht nur aus 4 Personen. Aber das ist kein richtiger Zusammenhalt.

Man bleibt nicht bei Tisch noch zusammen sitzen und erzählt.

Man wartet nicht aufeinander.

Wenn einer fertig ist mit seiner Mahlzeit steht er/sie auf und verlässt den Tisch.

Manchmal sogar ohne ein Wort.

Was sind das für Manieren?!

Die einzige, die wartet, die sich verabschiedet, bin ich.

Doch langsam sehe ich das nicht mehr ein, zu warten. Wenn ich gehen will, verabschiede ich mich. Wenigstens das mache ich.

Vor allem von U. bin ich oft sehr enttäuscht. Denn oft, wenn sie wortlos verschwindet, gesellt sie sich an einen anderen Tisch und unterhält sich dort mit Bewohnern.

Dann bin ich eifersüchtig und werde traurig.

Dass Frau F. sich in ihrer eigenen Welt bewegt, war immer schon so. Das ist etwas anderes. Jedoch kommt sie zum Frühstück nicht mehr runter. Da bleibt sie auf ihrem Wohnbereich.

Heute Mittag war U. wieder nicht unten. Sie ist heute auf dem Zimmer geblieben. Gestern kam sie wenigstens zum Mittagessen runter.

Herr H. kommt eh nur zum Mittagessen runter. Aber er ist momentan krank.

Das Abendbrot nehme ICH oben ein. Schon seit einiger Zeit ist das so. Es ist für mich viel entspannter. Denn unten war ich die einzige, die die Regeln befolgte und erst ans Buffet ging, wenn mein Tisch aufgerufen wurde. Weil ich dann die einzige an unserem Tisch war, wurde ich vergessen. Dann werde ich wütend. Oben alleine habe ich meine Ruhe. Diese Regel mit dem Tisch-weise nach Aufruf des Tisches an das Buffet zu gehen, finde ich total blöd!

Ich frage mich: Sehe ich das ganze zu streng? Wenn ich mich an Regeln halte, dann erwarte ich das auch von den anderen. Dann könnte ich vor Wut ausrasten, wenn die anderen die Regeln nicht befolgen. Da ist es schon besser, wenn ich abends alleine oben esse.

Oft vermisse ich dann meine erste Tischnachbarin, Frau K..

Von Leuten, die nicht hier wohnen, wird mir dann gesagt, die Bewohner sind alle in gewisser weise krank. Da könne man nicht erwarten, dass sie sich „normal“ verhalten. Na super! Und ich? Ich bin auch nicht als Gesunde hier! Und wenn ich dann ausraste, schickt man mich in die Klapse. Alles schon geschehen. Ich sei eine Gefahr für mich und für andere. Dabei bin ich nur total traurig und wütend.

Jetzt nehme ich mich zusammen und heule mir alleine auf meinem Zimmer die Augen aus! Allerdings knalle ich auf dem Weg dahin wütend jede Tür. Kindisch.!

Voll daneben

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Gestern habe ich mich unausstehlich aufgeführt! Zur Information: ich bin 50 Jahre alt! Benommen habe ich mich gestern wie ein ungehöriger Teenager.

Ich raste mit meinem E-Rolli in höchster Geschwindigkeit durch die Gänge im Haus und über die Terrasse. Dabei fiel ein Sonnenschirm draußen um und ich fuhr einfach darüber hinweg.

Ich war so wütend! Ich verstand alles falsch, kriegte alles in den falschen Hals. Es war, wie mir meine Mutter immer sagt: ich verstand alles falsch. Ich war so abgrundtief traurig!

Doch die meisten anderen waren trotzdem so nett zu mir!

Sehr tröstete mich Frau Kr.. Sie ist vor kurzem 100 Jahre alt geworden. Ich sah sie an und fing gleich wieder an zu weinen: „Sollte ich mal so alt werden wie Sie, dann muss ich ja noch 50 Jahre hier bleiben!!“ Sofort brach ich wieder in Tränen aus.

„Was Sie gerade durchmachen, erwischt uns alle mal. Das ist in Ordnung. Nur muss man sehen, dass man sich selbst am eigenen Zopf wieder da heraus zieht! Es nutzt nichts, in der Trauer hängen zu bleiben!“ Frau Kr. sprach mit ihrer 100-jährigen Erfahrung. Sie strich mir über den Arm und blickte mich Mut machend an.

Ganz langsam wurde ich ruhiger.

Ich hatte mich voll daneben benommen und trotzdem war man so nett zu mir!

Zwei Mal war ich wutentbrannt und traurig wieder nach oben in mein Zimmer geflüchtet.

Doch jetzt blieb ich.

Schließlich war es so schön draußen im Schatten auf der Terrasse zu sitzen. Das Eis-Essen hatte ich schon verpasst. Da war nichts mehr von übrig geblieben. Nun wollte ich wenigstens draußen im Garten sitzen.

Der Ausnahmezustand schlägt mir auf’s Gemüt

Ach, ich bin so ein wütender, ausrastender, ungehöriger Mensch! Statt dass ich froh bin, dass der Magen-Darm-Virus mich bisher verschont hat, ärgere ich mich über so unwichtige Dinge.

Zum Beispiel, dass meine Therapien (Physio- und Ergotherapie) ausfallen, weil die Praxis alle Bewohner des GTH momentan nicht therapiert, da sie dem Virus aus dem Weg gehen will. Das schließt dann die bisher Gesunden mit ein.

Das keiner mein Frühstückstablett abgeräumt hat und daher mein Tisch voll ist und ich dort nichts mehr machen kann. Also will ich das Tablett selber in die Küche bringen. Das scheitert dann daran, dass die Tür nach innen aufgeht, ich wieder rückwärts ausweichen muss und dabei das ganze Tablett auf dem Boden landet mit viel Radau und Scherben.

Ich klingele, damit jemand von der Pflege kommt. Keiner kommt. Ich rase dann wutentbrannt mit dem Rolli durch die Scherben auf den Flur. Da sehe ich meine Pflegerin am Computer am Stützpunkt sitzen. Als ich ihr dann sage, was passiert ist, sagt sie: „Ach, ich dachte das wär der XXX gewesen, aber da war alles in Ordnung.“ Daraufhin bekommt sie von mir eine hitzige, ausfallende Antwort. Ich falle komplett aus der Rolle. Ich bin ja so was von wütend!!!

Ich nehme den Aufzug und verlasse das verseuchte Haus, kochend. Ich musste nur kurz bei dm etwas einkaufen. Als ich dann zurück war, erinnerte ich mich daran, dass Frau Faust mir mal angeboten hatte, zu ihr oder Frau Kubens zu kommen bis ich wieder etwas runter gekommen war. Und??? Die beiden Damen sind entweder krank oder haben Urlaub. Beide sind also nicht da. Na klasse!!!

Jetzt sitze ich am Compi und lenke mich ab. Langsam komme ich wieder runter.

Frau Ga. macht sich Luft

„Die ist ja so bekloppt!!! Rücksichtslos fährt sie mir da über beide Füße… über die Zehen… !!“, Frau Ga. schäumt vor Wut. Wütend tippt sie mit ihrem Zeigefinger an ihre Stirn. vogel-zeigen-smilies-0001.gif von smiliesuche.deDa ist ihr wohl eine andere Bewohnerin mit ihrem Rolli über die Zehen gerollt. Ergebnis: Frau Ga.s Zehen sind blau!

„Die soll es bloß noch mal wagen… 😤 … dann lernt sie mich aber richtig kennen!!! 😤 „

Irgendwie musste ich an Gernot Hassknecht denken, von der ZDF Heute Show, als ich sah, wie sie sich aufregte.

Ich weiß, das sollte ich nicht denken. Aber Frau Ga. ist absolut niedlich, wenn sie sich so in Rage redet. 😊 Sie hat sich so sehr aufgeregt über diese gedankenlose Person, die ihr einfach über die Zehen fuhr. Das wird sie ihr nie verzeihen!

Mordswut!!!

Als ich Freitag in den Speisesaal kam, war mein Tisch schon vollständig versammelt. Dabei war ich früher unten als sonst. Ich wollte nämlich mit Frau Ga. den Speiseplan ausfüllen. Die anderen hatte ich alle heute morgen schon erwischt.

Frau Ga. stand an ihrem Ende des Tisches… eine wutschnaubende kleine Person und kriegte sich gar nicht mehr ein:Mordswut Gedankenblase„Die sind doch alle verrückt!!! Die sind alle plemplem!!! Das gibt’s doch gar nicht!!! Diese Bekloppten!!! Wollen die MIR erzählen, was ich zu tun hab!!??!!! Die spinnen ALLE!!!“

„Setzen Sie sich lieber erst mal hin“, meinte ich besorgt. Sie war so wütend! Sie wird im November 91. Da ich ja selber manchmal ziemlich wütend sein kann, konnte ich sie so gut verstehen. Ich seufzte.

Sie setzte sich, zitternd vor Wut.

„So… nun ziehen Sie schon mal Ihren Kleiderschutz über und dann fangen wir mit dem Speiseplan an. Soll ich Ihnen mit dem Kleiderschutz helfen?“

„Das kann ich selber!!“, immer noch wutschnaubend zog sie sich den zugeknöpften Kleiderschutz über den Kopf.

„OK, dann wollen wir mal mit dem Speiseplan anfangen“, sagte ich ruhig.

Ach ja, Speiseplan, das müssen wir ja AUCH noch machen. Aber Sie MÜSSEN das nicht mit mir machen!…

„Ich weiß…“, war meine Antwort.

Aber das ist sehr freundlich!„, langsam schien sie ruhiger zu werden.

Zügig erledigten wir das mit dem Plan und sie bedankte sich ganz lieb bei mir.

Ich bekam ein ganz warmes, weiches Gefühl in meinem Inneren. Ich liebe meine Tischfamilie, jeden einzelnen von ihnen!

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Manchmal frisst mich der Neid auf

Es gibt Momente, da kann ich es sehr schwer ertragen, von den ach so tollen Erlebnissen anderer zu hören. Oder zu sehen. Oder zu lesen.

Es frisst mich auf, wenn ich ‚Gesunde‘ sehe, die zur Arbeit gehen und abends wieder nach Hause.

Die ihre ‚eigenen 4 Wände‘ haben.

Die Kinder haben.

Die Auto fahren können, Fahrrad.

Die laufen, joggen, rennen, springen können.

Die Freunde treffen können und nicht überlegen müssen, ob diese Freunde auch ebenerdig wohnen oder einen Aufzug haben.

Dann will ich vor Neid und Eifersucht am liebsten zerspringen, etwas zerstören, etwas kaputt machen.

Dann rase ich mit meinem E-Rolli polternd durch die Gegend, ramme Wände, rase haarscharf an anderen vorbei, knalle Türen.

Bin wütend.

Bin traurig.

Die Tränen fließen nur so.

Die Nase schwillt zu und es ist schwer zu atmen.

Ich bin unendlich unglücklich und traurig und fühle mich doch so hilflos.

Dann sagt man mir: „Es gibt andere hier, die sind viel ärmer dran. Die können sich gar nicht wehren. Sie haben wenigstens Ihren Computer. Ihren Blog.“

Stimmt. Aber geht es mir deshalb besser?

NEIN Vielleicht doch?

Die Wut wütet weiter in mir.

Dazu kommt höchstens, dass ich mich schlecht fühle, dass ich solche Gefühle habe.

Ich habe dann das Gefühl, dass die anderen Verständnis bekommen, mich stören, nerven können. Sie sind ja so arm. Ich soll ertragen.

Dann könnte ich vor Wut platzen.

Und wer versteht mich?

Alles in mir schreit und wütet

Ich hatte gerade mal wieder einen dieser total unpassenden Entgleisungen im Speisesaal.

Ich wurde laut,
zerdepperte einen Teller,
setzte den Tisch unter Tee-Überflutung…
und verließ dann wutentbrannt
andere Bewohner anrempelnd den Saal
und verschwand im Aufzug,
mein Tablett mit meinem Abendbrot auf den Knien.

WAAA-RUMM???

Ich fühlte mich wieder einmal nicht wahrgenommen,
keiner Hilfe würdig,
scheinbar zu gesund aussehend,
um mir Hilfe zukommen zu lassen.

Aber dann waren plötzlich alle Hauswirtschaftshilfen da.

Das funktioniert nur dann, wenn ich mich daneben benehme.

Also benehme ich mich ab und zu daneben.

Aber ich fühle mich nicht gut dabei. Kaum hatte ich den Speisesaal verlassen, flossen die Tränen.

Ich war so wütend! Auf mich! Auf die besch…… Krankheit! Ich bin voller Wut… Hass… Neid… Eifersucht… … … Mitleid!!!

kostenlose Vektorgrafik von pixabay
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Ich benehme mich wie ein kleines Kind. Nicht wie eine Frau, die nächste Woche 48 Jahre alt wird!