Die Situation mit dem dementen Nachbarn zehrt sehr an meinen Nerven. Daher brauchte es auch nicht viel (nämlich nur eine ausgefallene Physiotherapiestunde) um mich ausrasten zu lassen.
Ich wusste kaum wohin mit meinem Ärger, der sich mittlerweile angestaut hatte.
Wutentbrannt raste ich mit meinem E-Rolli durch den Eingangsbereich hinaus auf den Bürgersteig vor dem Heim.
Bereits im Eingangsbereich sah mich die Sozialpädagogin und sprach mich an: „Frau S., was ist los?“ Aber ich fuhr einfach weg. Kurz danach hielt ich an, dachte nach und drehte um.
Das war gut so. Ich war hocherregt. Tränen liefen mir übers Gesicht. Wütend schluchzend brach es aus mir heraus. Ich erzählte ihr, dass mein Nachbar mir wortwörtlich den letzten Nerv raube mit seinem lautstarken Rufen. Es hindere mich am Nachtschlaf und tags am Fassen eines klaren Gedankens.
„Warum haben Sie nichts gesagt!“, fragte sie. „Ich kann nichts dagegen tun, wenn ich von nichts weiß. Bisher weiß ich nur von einer Bewohnerin auf WB1, dass sie sehr darunter leidet, dass der Bewohner einen WB höher ständig laut ruft.
„Ich habe Bescheid gesagt! Dem Pflegepersonal! Doch die meinten immer, er wäre doch eigentlich ganz lieb. Klar, wenn sie zu ihm ins Zimmer gehen, wird er ruhig. Es kümmert sich ja jemand um ihn!“, schluchzte ich verzweifelt.
„Jetzt weiß ich es ja. Ich kümmere mich darum“, sagte sie.
Sie wird das tun. Ihr glaube ich.
Dann kam noch Frau D., Hauswirtschaftsleitung, vorbei, sah mich total aufgelöst und bot Hilfe an.
Zuletzt kam Frau Sp., stellvertretende WB-Leitung meines WB, aus dem Aufzug und ich sprach sie direkt an, erzählte ihr von meiner Not. Sie versprach, sich darum zu kümmern, den Arzt anzurufen.
Endlich hatte ich das Gefühl, dass Aktionen in die richtige Richtung liefen. Es wird sich etwas ändern.
Ich fühlte mich wie ein Verräter – aber erleichtert. Ob der Erleichterung fühlte ich mich wieder wie ein Verräter.
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