Sei gut zu dir

Ich liebe Gedichte von Robert Gernhardt (1937-2006). Eins davon will ich euch heute vorstellen. Da Gernhardt noch nicht seit mindestens 70 Jahren tot ist, sind seine Texte noch nicht automatisch gemeinfrei. Aber dieses kleine “Sinngedicht” habe ich auf mehreren Seiten im Netz gefunden, sodass ich es hier zitieren will:

Sinngedicht

Sei gut zu dir.
Die Welt ist schlecht.
Das Unrecht blüht,
nimm dir das Recht
und tu den Schritt
zum Ich vom Wir:
Die Welt ist schlecht.
Sei gut zu dir.

(Robert Gernhardt)

gefunden auf Otium oder auch auf books.google

Im Prinzip geht der Sinn dieses Sinngedichts gegen meine Erziehung zum Altruismus, zur Empathie, zum moralischen Handeln.

Doch mittlerweile spricht man vom ‘gesunden Egoismus’. Dieser sei wichtig für die seelische Gesundheit. Sogar mein Neurologe aus Münster, der damals die Diagnose Multiple Sklerose bei mir gestellt hat, sprach davon. Damals konnte ich noch nicht so viel damit anfangen. Doch ich musste immer wieder daran denken. Jetzt glaube ich, ich werde versuchen, diesem Rat nachzukommen. So viele schlaue Leute können nicht irren!

 Wie viel Egoismus tut uns gut?

“Wie Sie beim Altern ganz sicher scheitern” von Uwe Böschemeyer

Letzte Woche stellte uns Frau Mues im Gesprächskreis dieses interessante Buch vor. Nun hatten wir gestern schon den nächsten Gesprächskreis. Auch von dem will ich erzählen. Aber erst einmal will ich den Beitrag vom Treffen letzte Woche nachholen.

Schon mehrmals machte ich Versuche. Aber es ist nicht leicht. Aber nun will ich es schaffen (zumal ich Frau Mues das Buch auch zurückgeben will).

Böschemeyer ist davon überzeugt, dass wir in unsere schnelllebigen Zeit viel zu wenig auf uns selbst hören. Darum geht es ihm auch in seinem neuesten Buch: “Wie Sie beim Altern ganz sicher scheitern”.

Selbst mittlerweile Ende 70 (geboren 1939 in Oranienburg) möchte er den Menschen klar machen, was er zuvor den Business-Managern vortrug. Das Leben ist endlich. Es lohnt nicht, etwas FÜR ANDERE zu tun, wenn man es nicht auch FÜR SICH SELBST tut.

Dies ist das Thema seines neuen Buchs, humorvoll verpackt und leicht verständlich.

Überforderung

Immer wieder höre ich, ich solle mich nicht überfordern. Ich solle gut auf mich acht geben. Wenn ich es nicht merke, wer soll es dann merken.

Ich sehe nicht unbedingt zart und zerbrechlich aus.

Daher wird mir oft mehr zugetraut, als für mich gut ist.

Und ich? Traue ich mir auch mehr zu, als gut für mich ist?

Das ist was ganz anderes. Ich traue mir nicht mehr zu… ich WILL mehr. Ich bin so wütend darauf, dass ich vieles nicht mehr KANN.

Dann muss ich hinterher wieder die Suppe auslöffeln, die ich mir selber eingebrockt habe. 😡

Das beste Beispiel dafür war wieder gestern Morgen die Sitzgymnastik. Da sitze ich in einem großen Kreis mit Senioren und bin bereits nach kurzer Zeit überfordert. Manche Übungen kann ich einfach nicht. Oder nicht 10x sondern nur 5x. Und was mache ich? Ich beiße die Zähne zusammen und will unbedingt mithalten.

Aber es geht einfach nicht. Ich wäre gestern fast aus meinem E-Rolli gefallen. Mir wird schwindelig. Ich empfinde einen dollen Druck im Kopf. Fazit: Ich werde wütend und zwinge mich, solange mitzuhalten, bis es fast zu spät ist.

Ein Indianer kennt keinen Schmerz.
Nur die Harten kommen in den Garten.
Was uns nicht umbringt, macht uns härter.
Beiß die Zähne zusammen!
Aufgeben gilt nicht!

So hießen immer die Sprüche, die ich mir in der Vergangenheit anhören musste. Die ich mir immer selber vorwarf.

Eigentlich sollte ich schlau genug sein, zu erkennen, dass mich diese Sprüche jetzt nicht mehr weiter bringen. Nur weil ich WILL, kann ich manches einfach nicht mehr. Diese Sprüche helfen mir nicht. Im Gegenteil. Damit kann ich mehr kaputt machen, als positives erreichen.

Diese Erkenntnis sollte mich nicht wütend machen. Denn dann tue ich Dinge, die mir schaden. Ich bin so ein Hitzkopf!

Ich möchte gerne Ruhe und Gelassenheit erlernen. Das wird meine neue Aufgabe!

pixabay.com

Gelassenheit lernen

Das Maß der Dinge

pixabay.com – Esther Merbt

So hieß das Thema beim letzten Gesprächskreis “Am Puls der Zeit”. “Das Maß der Dinge”.

Frau M. sagte: “Nicht “Das Maß aller Dinge”. Sondern “Das Maß der Dinge”. Das bedeutet, dass sich ein jeder von uns seine ganz persönlichen Gedanken dazu machen kann.”

Dann sprach sie weiter und erzählte uns erst einmal von sich, von ihrem Maß, damit es uns klarer werde, was sie meinte. Anschließend gab sie das Wort weiter an die Bewohner.

Es war sehr interessant, was und auch wie die einzelnen Bewohner antworteten. Die Mehrheit sagte, dass sich ihr Maß mit der Zeit geändert habe (logisch, dachte ich). Sie hatten alle so viele Pläne, Ziele, die jetzt als Behinderter nicht mehr machbar seien.

Irgendwann konnte ich das ganze Selbstmitleid nicht mehr hören.

Natürlich verschiebt sich das Maß der Dinge im Laufe eines Lebens. Dann muß man halt ein neues Maß anlegen. Dabei ist für mich neu nicht gleich schlechter. Neu kann auch völlig neue Türen öffnen, die mich auf spannende neue Wege führen.

Die unzufriedene Masse meuterte. Vor allem die Senioren. (Interessant…) Manche Menschen werten sich selbst auch auf, wenn sie erzählen, wie schlecht es das Leben mit ihnen gemeint hat. (Mimimi…)

Allerdings trafen wir uns in einem Punkt: Gesundheit ist für einen jeden von uns das wichtigste Maß der Dinge.

Die Gesundheit ist wie das Salz: Man bemerkt nur, wenn es fehlt.
Sprichwort aus Italien

Besonders überwiegt die Gesundheit alle äußeren Güter so sehr, daß wahrlich ein gesunder Bettler glücklicher ist als ein Kranker König.

Arthur Schopenhauer, deutscher Philosoph, * 22.02.1788, † 21.09.1860

Wie man sieht, unser Maß ist nichts neues. 😉