Gefühlschaos

Das ist ja nichts neues. Immer wieder habe ich Stimmungsschwankungen. Ich hadere mit mir und dem Gedankensalat in meinem löchrigen Hirn.

Ich sehe all das, was andere können und ich nicht. Schon allein wegen des Rollis komme ich nicht überall hin.

Die anderen sprinten die Treppen hoch und erwischen gerade noch den Zug der nur stündlich fährt.

Ich warte dann die ganze Stunde.

Ach ja, das war zu jüngeren Zeiten. Die Mittfünfziger sind oft auch nicht mehr so spritzig. Sie jagen auch nicht mehr so treppauf treppab.

Immer wieder bin ich so grantig wenn ich nicht mal eben kleine, kurze Notizen zur Erinnerung schreiben kann. Mittlerweile schreibe ich nur noch Druckschrift. Ich hatte mal eine so schöne Schrift.

Ich vergleiche viel zu oft heute mit früher.

Aber bei so einem Vergleich schneidet keiner gut ab.

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Das alles vor dem Doppelstrich schrieb ich vor 2 Tagen.

Dann hatte ich ganz lieben Besuch gestern. Meine Mutter war hier um mir mit der Post etc. zu helfen. Ich erzählte ihr von meinen grauen Gedanken.

„Ach…“ seufzte sie kummervoll: „Ich verstehe dich nur zu gut! Aber es bringt uns nicht weiter.“

So weit war ich ja auch schon gekommen.

Doch dann erzählte sie mir etwas neues. „Versuche mal nicht gegen die MS anzukämpfen sondern mach sie zu deiner Freundin. Gegen eine Freundin kämpfst du nicht. Im Gegenteil. Du versuchst ihr etwas Gutes zu tun. Das macht dein Leben leichter und nicht immer so anstrengend. Dann kannst du deine Kraft für anderes nutzen.“

.oO(Hm… stimmt… das wird nicht leicht sein… aber einen Versuch ist es wert. Ich kann nichts Gutes verlieren, nur Gutes gewinnen. So lets go for it! )

Schlaf

Gesprächsthema am Frühstückstisch

Manchmal könnte ich lachen wenn ich den Tischgenossen Generation 90+ an meinem Tisch zuhöre.

Die erste Frage, die einem morgens gestellt wird, wenn man am Tisch Platz nimmt, lautet:

„Und? Gut geschlafen?“

Übliche Antworten:

1

„Hörn Sie mir auf! Gar nicht habe ich geschlafen! Um 5 Uhr bin ich dann endlich eingeschlafen. Und dann war es wieder Frühstückszeit.“

Sie seufzte theatralisch.

2

Ich habe mich die ganze Nacht hin und her gewälzt. Konnte einfach nicht schlafen. Das ist ja so grässlich!

Die anderen nicken oder fragen : „Was hat er gesagt??? Ich glaube mein Hörgerät braucht neue Batterien.“

Als Hörgeräte-Träger muss man seine eigene Stimme sehr laut hören. Folge: man spricht sehr leise, weil man sonst meint man würde schreien.

3

„Ich habe endlich mal wieder gut geschlafen!“, strahlend und zufrieden lehnte sie sich auf ihrem Stuhl selbstgefällig zurück.

„Oh … sie Glückliche …“, tönte es von den anderen Tischgenossen neidisch zurück.

Aber eine kleine Spitze konnte ich mir nicht verkneifen: „Na … dann wird die nächste Nacht wieder wie früher. Zwei gute Nächte hintereinander…“

Es wurde wieder theatralisch geseufzt.

Dornröschenschlaf

Vergangene Woche gab es ganz unerwartet ein wunderbares Tischgespräch.

Eine sonst stets schweigsame, zurückgezogene Bewohnerin des Tisches taute regelgerecht auf und erzählte uns von ihrem Beruf früher.

Was früher einmal war, daran erinnert sich der demente Mensch am besten.

Die Zimmermitbewohnerin (sie haben ein Doppelzimmer) half Frau Z immer wieder auf die Sprünge wenn sie stockte.

Bild von Jo Justino auf Pixabay

Viele Bewohner sind mehr oder weniger dement. Aber beim Gespräch über den Beruf, den sie früher ausgeübt haben, erwachen sie aus ihrem Dornröschenschlaf.

Frau Z war niemals verheiratet. Der etwaige Bräutigam war der Mutter nie gut genug. So waren Frau Z und ihre Schwester nie vermählt.

Der Bruder schon. Er schenkte der Mutter drei Enkelkinder. Das sind die heißgeliebten Neffen der Schwestern. Diese Neffen besuchen ihre Tante Frau Z treu einmal wöchentlich hier im Gerhard Tersteegen Haus in Krefeld. Die Neffen selber wohnen in den Niederlanden.

Ach, ich komme von X nach U. Für heute soll es das gewesen sein. Es ist eben auch für mich eine interessante Geschichte.

Es fühlt sich gut an

Die Hitze ebbt ab.

Mein Energie Level steigt.

Ich krabble langsam aus meinem Depri-Tief hervor.

Ich bekomme liebe Post von treuen Lesern!

Danke, Antje
Danke, Lutz

Neben den hier gezeigten Päckchen-Inhalten bekomme ich auch immer wieder Postkarten, Briefe und Kommentare zu meinen Beiträgen.

Was auch immer ihr tut, es zeigt mir, dass ich den Blog nicht umsonst schreibe. Danke dafür!

Und? … Wie haben Sie geschlafen?

1

Herr Ü ist regelmäßig der erste im Speisesaal morgens. Darauf ist er sehr stolz. Manchmal sitzt er die ersten Minuten im dunklen. Doch das ist ihm egal. Hauptsache pünktlich.

2

Frau Y kommt in den Speisesaal. Schwerfällig lässt sie sich auf einem der Stühle nieder. Immerhin ist sie zu Fuß hierher gekommen. Die Zugspitze ist lächerlich dagegen.

Sie fragt ihn: „Und? … Wie haben sie geschlafen?“

Er ist ganz versunken in seinen Gedanken. Dass mit ihm gesprochen wurde, hat er gar nicht mitbekommen.

3 + 4

Langsam füllt sich der Tisch. Denn es erscheint das Ehepaar C. Eugen und Luise C. Sie haben jeder sein / ihr eigenes Zimmer. Das ist gut so, denn sie benötigt auch in der Nacht Pflege. Dann würde er immer wieder gestört.

Das ist möglich, wenn Einzelzimmer frei werden.

Normalerweise kommen neue Bewohner erst einmal in ein Doppelzimmer.

„Und? … Wie haben sie geschlafen?“, begrüßt sie Fr. Y.

„Ach, ich konnte überhaupt nicht schlafen“ , stöhnte Luise.

„Geschlafen? Was ist das?“ , fragte Eugen theatralisch und rollte mit den Augen.

Jetzt wurde auch Herr Ü. wach: „Ich schlafe seit Jahren überhaupt nicht.“

„Überhaupt nicht?“ , Fr. Y. war sprachlos. Das kam nur sehr selten bei ihr vor.

„Auch kein Mittagsschlaf?“ , hakte Luise nach. Ihr Mittagsschläfchen war ihr heilig

Auf diese Art ging es während des ganzen Frühstücks weiter.

Als ich diese Art von Gespräch das erste mal hörte, dachte ich mir nichts dabei.

Doch im Laufe meines Lebens hier im Altenheim (und das sind mittlerweile 9 Jahre!) hörte ich es immer wieder.

Artikel frei zugängig bei der Stiftung Warentest: >>>

Kommunikation bei Demenz
Wie Gespräche mit Demenz­erkrankten gelingen

Hitze und MS verträgt sich nicht

Bild von Alexa auf Pixabay 

Schon seit Wochen ist es sehr heiß in ganz Deutschland.

Den Bauern vertrocknen die Pflanzen. Wenn es überhaupt ein Ernte geben wird, dann wird sie außergewöhnlich gering sein. Wenn überhaupt, dann werden die Früchte klein und trocken sein.

Der Boden ist so trocken, dass er aussieht wie in Afrika.

Nicht nur die Natur leidet. Auch mich schafft die Hitze. In Krefeld ist das meist kombiniert mit Schwüle. Da sind wir dann schnell beim Klima des Affenhauses im Zoo.

Das ist der Grund, warum ich mich hier so lange nicht gemeldet habe. Ich war einfach total lethargisch.

Seit gestern ist es etwas kühler geworden. Ich lebe langsam wieder auf!

Hoffentlich bleibt es so. Doch wir haben Ende August… 🙄

Kinderlandverschickung

Hier gibt es einen interessanten Beitrag von Planet Wissen, der gut erklärt, worum es dabei ging. <<klick

Auch Herr OX erzählt davon in seinen Erzählungen.

Bundesarchiv Bild 183-L16351, Schlesien, Berliner Kinder im KLV-Lager

Bundesarchiv Bild 183-L16351, Schlesien, Berliner Kinder im KLV-Lager , CC-BY-SA 3 .

Bundesarchiv Bild 146-1983-056-13, Kinderlandverschickung, Flaggenappell im KLV-Lager.jpg
By Bundesarchiv, Bild 146-1983-056-13 / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, Link

„Herr Ox nach den Aufzeichnungen von H. Naebers“

Veranstaltungen im August 2022

Veranstaltungen August 2022 im Gerhard Tersteegen Haus, Krefeld

Alles Anders

Ab Montag werden Zentralküche und der große Speisesaal unten also renoviert. Daher können wir nicht mehr unten essen.

An Wochentagen werden wir von einem Caterer beliefert. An den Wochenenden wird unser Küchenteam draußen den großen Grill anfeuern und uns dann von dort bekochen und grillen.

Ich werde in der Zeit also keine kleinen Episoden von Bewohnern berichten können. Ich werde nicht im kleinen Speisesaal hier auf dem Wohnbereich essen. Dieser bietet nicht genug Platz für alle. Vorrang haben natürlich die Bewohner, die regelmäßig dort essen. Dann ist dort nicht mehr Platz für alle anderen Bewohner.

Viele Bewohner werden auf ihren Zimmern essen. Ich auch. 2 Wochen lässt sich das gut aushalten.

Ich verstehe nur Bahnhof

Ab und zu fällt der Generationsunerschied zwischen mir und meinen Tischgenossen doch deutlich auf

Das gilt besonders bei Witzen.

Das ist ja auch so bei Fremdsprachen. Man versteht schon lange die Sprache. Doch bis man die Witzte versteht, dauert es noch lange.

Da saßen sie also am Frühstückstisch, meine Tischgenossen Alter 90+ und tuschelten und kicherten.

Es machte mich neugierig. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus und fragte worum es denn da ginge. Was sei da so lustig?

Die Damen und Herrn blickten verstohlen auf den Boden. Dem ein oder anderen entwich ein unterdrücktes Lachen.

Die mutigste fasste sich ein Herz: „Wir erinnerten uns an einen alten Witz. Als vorhin sagten, es gebe ein Ei zum Frühstück und kurz darauf fragten, wo denn das Salz sei, dachen wir alle an eine alte Redewendung.

Ein Kuss ohne Schnurrbart ist wie ein Ei ohne Salz.

tatoeba.org

Die anderen kicherten schon wieder.

Den Satz hatte ich tatsächlich noch nie gehört.

„Na ja“ , sagte die Mutige : „Damals trugen viele feine Männer einen Schnurrbart.“

So ändern sich die Zeiten und Moden.