Ich hatte mal wieder Lagerkoller. 😣
Es braucht keinen großen Anlass. Dieses Mal fühlte ich mich ungerecht behandelt. Eigentlich löst dieser Punkt oft meinen Unmut aus. Man war mit einem anderen Rolli-Fahrer fürsorglich. Fürsorglicher als mit mir (fand ich). Manchmal benehme ich mich dann wie ein kleines Kind. Ich bin dann irgendwie sauer. Dabei könnte ich doch auch stolz sein. Stolz, dass man mir mehr zutraut.
Nun, ich war also sauer, wütend. Das noch obendrauf zum Lagerkoller. Das war verheerend. Wütend raste ich mit meinem E-Rolli über die Gänge, bis ich jemand fand, den ich anbrüllen konnte.
“ICH BIN ALSO NICHT BEHINDERT GENUG” , brüllte ich, “DABEI BIN ICH AUCH BEHINDERT, DAS BEKOMME ICH OFT GENUG ZU SPÜREN!!!” Während ich brüllte schossen mir die Tränen in die Augen.
Eine Pflegerin kam aus der Küche auf mich zu und meinte: “Sccchhhhhh, nicht so laut!”
“WIESO DAS DENN?”, ich wollte mir doch nicht den Mund verbieten lassen! Ich war total auf Krawall gebürstet.
“Sie machen den anderen Bewohnern Angst! Lassen Sie uns auf Ihrem Zimmer weiterreden”, ruhig wandt sie sich von mir ab und begab sich auf den Weg zu meinem Zimmer.
Ich, voll drin in meinem Rausch, stellte den E-Rolli auf Maximalgeschwindigkeit und raste an ihr vorüber zu meinem Zimmer. Wie kindisch war das denn? Wenn ich jetzt darüber nachdenke, kann ich nur mit dem Kopf schütteln.
Als wir an meinem Zimmer ankamen, sagte die Pflegerin ganz ruhig: “Was ist denn los? Warum sind Sie so aufgebracht?”
“Ich muss hier raus! Ich halte das nicht mehr länger aus!”, schluchzte ich, “Dieses Virus ist total blöd! Ich fühle mich hier wie gefangen!”
“Das Virus ist für alle blöd. Wir können zwar raus. Aber nur um das Nötigste zu erledigen. Einkaufen, auch für meine Eltern, denn sie zählen wegen ihres Alters ja auch zu der Risikogruppe. Ansonsten ist draußen nur ganz wenig los. Wegen Corona bleiben die Meschen zu Hause”, sagte die Pflegerin, “auch wegen euch bleiben wir zu Hause.”
“Warum das denn?” fragte ich.
“Wir wollen das Virus auf keinen Fall mit ins Heim schleppen”, sagte die Pflegerin, “das könnte ich mir nie verzeihen, wenn deshalb ein Bewohner sterben sollte.
“Hmpf…”, grummelte ich. Darüber hatte ich nicht nachgedacht. Irgendwie sah ich meine Umwelt immer noch so wie früher. Corona war für mich nur im Fernsehen und im Computer – so irreal. Langsam wurde ich ruhiger. Ich schniefte noch ein bisschen. Die Tränen trockneten.
“Komm mal her… ich weiß, das sollte man in diesen Zeiten nicht tun, aber lass dich mal drücken.”
Das tat soooo gut!
Pfleger sind auf so vielen Weisen gefragt. Sie laufen und pflegen. Sie haben wechselnde Schichten: Früh-, Spät-, Nachtdienst. Und doch haben sie immer ein offenes Ohr für einen. Sie haben eigentlich zu viel zu tun, aber wenn es gebraucht wird, nehmen sie sich die Zeit zum Zuhören, Trösten. Sie sind Pfleger und zugleich auch Psychologen. Sie machen Unmögliches möglich. Sie sind mit ganzem Herzen bei der Sache. Für diesen Beruf muss man wirklich berufen sein.
Daher sage ich DANKE!!! Ihr seid toll, wunderbar!
Selbst die Politik zählt euch zu den Systemrelevanten.
Ihr habt meine Hochachtung! Und die wächst… !

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