So habe ich letztens Frau Ga. genannt. Sie hat wirklich immer etwas zu bemängeln und zetert die ganze Zeit am Mittagstisch. Deswegen Krawall. Kätzchen, weil es netter klingt als Hexe und weil ich sie doch so sehr mag.
Die Bohnen sind zu hart, in der Suppe sind Möhrenstückchen. Sie schüttelt sich. Auf den Broccoli gehört Sauce! Da war keine. So geht es in einer Tour.
Zudem sagt sie immer: “Also ICH habe das früher ganz anders gemacht!”
Nach dem Mittagessen schlich sich Herr Regels an sie heran und blickte schweigend über ihre Schulter. Er stand dort wie ein Fels, groß und massig. Frau Ga. merkte es erst gar nicht.
“Merken Sie etwas?”, fragte ich sie.
Sie pickte ein weiteres Ministückchen Kartoffel mit der Kuchengabel auf und aß es. “Wieso? Was ist denn?”, fragte sie.
“Schnuppern Sie mal!”, forderte ich sie auf. Herr Regels riecht immer sehr gut nach frischer Wäsche.
Frau Ga. zog ihr kleines Näschen kraus und schnupperte. “Ich riech nichts”, meinte sie.
“Dann schauen Sie mal nach rechts!”, sagte ich.
Langsam und vorsichtig wand sie ihren Kopf. Erst als sie ihn fast um 45° gedreht hatte, sah sie Herrn Regels. Sie stieß einen lauten Lacher aus: “Hach! Sie sind das! Was machen Sie denn hier?”
Ganz den Schalk im Nacken sagte er: “Ich könnte Sie jetzt so übers Knie legen, weil sie immer so lautstark schimpfen!”
“Ha!!! Das würde Ihnen so passen!”, meinte sie lachend.
“Oder ich würde sie einfach über die Schulter legen und sie weg tragen!”, sinnierte Herr Regels.
“Dann trete ich Sie gegen die Schienbeine! Oder ich beiße Sie!”, sagte Frau Ga kampfeslustig. “Ich lass mir nichts gefallen!”
“Das glaube ich sofort!”, sagte ich voller Überzeugung.
“Das habe ich im Krieg gelernt! Jeder musste für sich selbst kämpfen. Sonst ging er unter!”, erklärte sie mir. “Ich habe mich immer behauptet. Was die alles von mir wollten! Aber ich habe nur gemacht, was ICH wollte!”
Die älteren Bewohner haben fast alle den Zweiten Weltkrieg erlebt. Es muss eine grausame, furchtbare Zeit gewesen sein!
Der Zweite Weltkrieg hat auch bei den glücklichen Überlebenden ganz, ganz tiefe Spuren zurück gelassen. Wir sollten unendlich dankbar dafür sein, dass wir das Privileg genießen dürfen, in einer friedvollen Zeit aufwachsen zu dürfen.
Das habe ich mir schon ganz oft gesagt!
Ja der Krieg hat die Menschen sehr geprägt, ich habe in der Pflege gearbeitet und viele Geschichten/Biografien gelesen und gehört. Es hat immer Auswirkungen auf Taten und Worte. Vielen Dank für das teilen der Geschichte
Das habe ich gerne gemacht. 🙂
Klasse, die zwei 🙂
Da haben sich 2 gesucht und gefunden! 😉
Kriegszeiten sind immer grausam und furchtbar! Man muss ihn nicht wirklich selbst erlebt haben, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.
Denke ich auch.
Mal Krawallkätzchen, mal Prinzessin, sehr facettenreich die Dame…lach
Liebe Grüße
Sigrid
🙂 So ist sie!
Ich finde das süß.
Herr Regels sieht so was von vertrauenswürdig und gemütlich aus. Ich kann mir richtig vorstellen, wie er die zierliche Frau Ga mit Leichtigkeit hochheben könnte 🙂 Ich mag es, wie ihr miteinander umgeht. Frau Ga. kann halt auch nicht aus ihrer Haut heraus und Herr Regels trifft genau den richtigen Ton.
Richtig! Und Frau Ga. genießt dieses Wortgeplänkel! 🙂
Der Ausdruck Krawallkätzchen gefällt mir sehr. LG Anna
Danke! 🙂
Herr Regels handhabt das immer ganz toll. Die beiden sind auch zu putzig. Ständiges meckern kann auch nerven, aber ich vermute, sie kann ihren Frust, (vielleicht im Kern über was ganz anderes) nicht wirklich kompensieren. 😀
Die beiden sind optisch ein tolles Paar! 😀 Und Frau Gra. würde ich auch mögen. Ich mag ganz einfach alles Kleine, Zarte, Zerbrechliche. So wirkt sie auf mich.
So ist sie auch! 🙂
Danke! Tolle Geschichte und auch Meckern hat immer eine zurückliegende Geschichte…
Wie alles eben. 😉