Update 4: Frau K.

Ich versuche so oft wie möglich Frau K. kurz zu besuchen. Fast täglich, also öfter, als ich hier davon erzähle. Denn sie ist mittlerweile nur noch ein trauriges, altes Bündel an Haut und Knochen. Gestern Abend hatte ich das Gefühl, sie will nicht mehr aber sie muss noch – weiterleben.

So gnädig sie der Herzschrittmacher vor vielen Jahren hat weiterleben lassen, so ungnädig schwer macht er ihr das Sterben jetzt. Erst Segen… jetzt Fluch. Sie tut mir unendlich Leid.

Morgen wird ihre Tochter 70. Noch jemand, der es momentan nicht leicht hat. Auch sie tut mir Leid, hofft sie doch immer noch, dass ihre Mutter wieder fit wird. Neulich sagte sie zu mir: „Sie ist nicht nur meine Mutter. Wir waren immer auch beste Freundinnen.“

Ich sage ihr immer wieder: „Das Leben des Menschen ist endlich… und deine Mutter ist schon 97.“

„Ich weiß“, sagt sie dann, „aber trotzdem!“ Ich kann ihre Verzweiflung fast spüren.

Dazu passt wunderbar dieses Gedicht von Bonhoeffer:

Je schöner und voller die Erinnerung,
desto schwerer ist die Trennung.
Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual
der Erinnerung in eine stille Freude.
Man trägt das vergangene Schöne nicht
wie ein Stachel, sondern wie ein kostbares
Geschenk an sich.
Dietrich Bonhoeffer

16 Kommentare zu „Update 4: Frau K.

  1. Liebe Katrin,
    ich finde das ganz großartig, dass Du Frau K. so oft besuchst!
    Das tut ihr sicher sehr sehr gut!

    Dass wir Zurückbleibenden ein mehr oder weniger großes Trauerproblem haben, ist ganz allein unsere eigene Sache. Es ist sehr schmerzlich, einen lieben Menschen zu verlieren. Zunächst empfindet man die Angst vor dieser Trauer. Dann, wenn der liebe Mensch gegangen ist, ist es so etwas Endgültiges, dass man es erst mal nicht begreifen kann. Und dann kommt das große schwarze „Loch“ des Verlustes. Später, mit Abstand gesehen überwiegen all die sehr schönen Erinnerungen an diesen lieben Menschen, die man sich als wertvollen Schatz bewahren kann …

    Ich wünsche Dir alles Gute und die nötige Kraft!
    Lieben Gruß, M.!

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  2. Liebe Katrin,
    es ist einfach nur traurig. Wenn du über diese Situation schreibst, dann treten mir meine Verluste ins Bewusstsein. Dann wird der Tag schwerer, langsamer und ich fühle mich meinen Gefühlen und Erinnerungen ausgeliefert. Ich werde mir mal Bilder aus meinem Schrank holen, vielleicht eine Kerze anzünden, dazu Musik hören. Das ist meine Art „Stille“ zu finden. Bis später.
    Monika

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  3. Das Schlimmste ist, daneben zu stehen und außer Händchen zu halten, ein paar liebe Worte zu sagen, nichts oder nur wenig tun zu können. Das mag für die betroffene, im Sterben liegende Person gut und tröstlich sein. Für den am Bett stehenden ist es emotional hoch anstrengend.
    (Wir haben es gerade beim besten Schwiegervater von allen erlebt.)

    Gefällt 4 Personen

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