Als Berufskraftfahrer arbeitet man entweder in der Personenbeförderung oder im Güterverkehr. Herr W. hat für die Steinkühler-Spedition gearbeitet.
Er fuhr einen großen Lastkraftwagen und transportierte pulverisierte Grundstoffe (Granulate) für die Industrie oder Lebensmittel, wie zum Beispiel Kaffeebohnen im nationalen und internationalen Fernverkehr.
45 Jahre lang war er für die Firma Steinkühler tätig. Dann begann für ihn die Rente. Doch auch als Rentner fuhr er noch weitere fünf Jahre. Das ist heute kaum noch vorstellbar, dass man 50 Jahre für den selben Arbeitgeber arbeitet.
Mittlerweile hat es sich auch bei den Bewohnern herumgesprochen, dass ich Geschichten aus dem Heim schreibe. Daher wusste auch Herr W. darüber Bescheid. Denn auch wer selber keinen Computer hat, liest die ein oder andere Geschichte, die in der Hauszeitung ‘Vivimus!’ abgedruckt wird.
Eines Tages war er bei mir auf dem Zimmer. Auf dem Schoß war ein länglicher Karton mit einem Modell-Auto, sein früherer LKW.
Er meinte, darüber könne ich auch mal schreiben. Ich dürfe den LKW auch auspacken. Dann solle ich irgendwann mal zu ihm kommen und er würde mir von damals erzählen. Er ließ mir das Modell hier und war auch wieder weg.
Vorgestern war ich dann endlich bei ihm und er erzählte:
Herr W. ist in Breslau geboren.
Breslau liegt im Südwesten von Polen in der historischen Region Schlesien. Nach dem Durchbruch der Sowjets an der Weichsel 1945 floh rund 75 Prozent der Gesamtbevölkerung aus der Stadt – so auch Herr W., zwei Brüder, eine Schwester und die Mutter.
Sie erlangten Plätze auf einem Zug, der bis nach Detmold fuhr. Von dort ging es über mehrere Stationen weiter nach Bad Salzuflen. Da war Herr W. erst sieben Jahre alt.
Einige Zeit später wurde die Familie getrennt. Die Mutter wurde zum Arbeiten auf einen Hof geschickt und die Jungen wurden getrennt und kamen in Kinderheime. Das Mädchen war schon alt genug und wurde zum Arbeiten zu einem Bauern geschickt.
Obwohl die Familie zerstreut wurde, haben sie immer Kontakt gehalten.
du hast recht, diese Geschichte noch mal zu bloggen. Die Resonanz ist bezeichnend. Ich mag diese Geschichten auch sehr, wie du schon weißt. Liebe Abendgrüße Gerda
Ach, wie ich sie liebe: die alten Leute, die Erfahrenen, die Erzählenden. DAS sind noch Lebensgeschichten.
DANKE dafür, liebe Katrin!
Herzliche Grüße
Sylvia
Danke Herrn W. und Dir für diese Geschichte!
Danke für das Erzählen dieser Lebensgeschichte. So etwas finde ich immer sehr interessant.
Schlesien muss damals so schön gewesen sein, auch unser weit über 80jähriger Nachbar kommt ursprünglich aus dieser Region.
Herzliche Grüße an Herrn W. und wirlich nett, dass er sich auch fotografieren ließ!
Vielen Dank für wieder einmal eine echte!!! Geschichte. Ich finde es sehr schön, von anderen Menschen einen Teil aus ihrem Leben zu erfahren. Vielen Dank dafür!!!
Hallo Katrin
wie währe es zum beispiel wenn du jeden Tab / oder Woche einen Bericht über einen Bewohner schreibst / erzählst wie sie die Kriegszeit, oder Flüchtlingszeit erlebt haben
bei den ganzen Rechtsextremismus und der Gewalt gegen Flüchtlinge würden vielleicht mal “solche Personen” wach werden
und erfahren das es nach den Krieg auch deutsche Flüchtlinge bzw. Vertriebene gab.
Lieben Gruß von mir und einen schönen Tag an alle Heimbewohner
Gute Idee! Ich denke mal darüber nach.
Da kann ich mich nur anschließen eine sehr interessante Idee deine Mitbewohner zu Wort kommen zu lassen. Sie haben bestimmt viel zu erzählen. Das sind Schätze die oft nicht gefunden werden
Herzliche Grüße an Herr W! Ich finde es ganz wunderbar, dass die Familie den Kontakt untereinander immer gehalten hat. Seine Heimat verlassen zu müssen und fliehen an einen bis dahin unbekannten Ort… Das können wir “Jungen” uns gar nicht mehr vorstellen.
Ich lese diesen Blog seit einiger Zeit und wollte schon oft mal eine Rückmeldung geben.
Heute mache ich’s! Liebe Katrin, ich finde es interessant, die verschiedenen Themen aus deiner Perspektive zu lesen. Gerade der heutige Bericht ist so bezeichnend. Die jungen Menschen heute sind nicht zu beneiden….. Solche Erzählungen, wie die von Herrn W. höre ich auch öfter bei Geburtstagsbesuchen die ich für unsere Kirchengemeinde mache.Die Menschen sind über 80. Ich bin 65 geworden und meine Generation ist schon die, wo viele Firmen irgendwann Mitarbeiter entlassen mussten und die in unserer ruhigen Gegend oft Probleme hatten, dann eine neuer neue Arbeit zu finden. Ich arbeitete in einer der grossen Firmen hier. Damals dachte jeder, der dort arbeitete, da bleibt man bis zum Rentenalter.Inzwischen existiert auch dieae Firma nicht mehr. Ich hörte auf zu arbeiten als unsere Kinder geboren wurden. Danach habe ich einige Jahre bei meinem Mann von zuhause aus gearbeitet und später
(Bis Dez. 2012) 20 Jahre eine eigene Buchhandlung gehabt. …Ach, jetzt bin ich etwas abgeschweift. Liebe Katrin, ich wünsche die weiterhinviel Kraft für dein Leben und grüße dich herzlich aus Ostfriesland. Lilli
Es gefällt mir, auch mal eine Lebensgeschichte von einem deiner Mitbewohner zu lesen. Das könntest du ausweiten. Ich bin sicher, dass einige gerne mal erzählen würden, was sie früher gemacht bzw. wie sie früher gelebt haben. Dann würden bestimmt auch einige Neider schweigen, wenn sie wüssten, dass auch über sie etwas erzählt wird. Grüße an Herrn W. und danke für seine Geschichte.
Das können sich viele junge Menschen, die heutzutage dazu gezwungen sind, sich von befristetem Arbeitsvertrag zu befristeten Arbeitsvertrag zu hangeln, gar nicht mehr vorstellen, dass es Zeiten gab, in welchen man fast ein ganzes Leben in ein und demselben Betrieb verbringen konnte… Danke für’s Erzählen, liebe Katrin. ♥
von mir auch liebe Grüße…..und ich stimme Märchenfrau in allem zu !
Ich finde es sehr schön und sehr interessant, dass du uns Lebensgeschichten deiner Mitbewohner erzählst. Geschichten, die wir Satten heute uns unbedingt immer wieder anhören sollten. Danke.
Ein lieber Gruß – auch an Herrn W.
Ele